Fixplatz in der Königsklasse des heimischen Kabaretts

Pressestimme zum Programm 'Alles bestens, aber...'

Kabarett.at vom 06.03.2010

Der etwas andere Weg zur Lebensfreude

Er sei es Leid gewesen, so berichtet Klaus Eckel im Anschluss des Programms, dass in seiner Buchhandlung immer mehr einstmalige Roman-Regale mit Lebenshilfe-Ratgebern vollgestellt worden wären. Um dieser unglückseligen Entwicklung entgegenzuwirken, habe er beschlossen, mit seinem neuen Programm eine Lanze für die Unzufriedenheit zu brechen. Auf dass sein Publikum die Energie, die sich aus dem individuellen Leiden schöpfen lässt, zu schätzen lernt. Ja, sie zum Motor für Kreativität und Initiativkraft macht. Und weitere Glücks-Ratgeber überflüssig. Übel Meinende könnten ihm nun unterstellen, dass es ihm mit dieser raffinierten Erklärung taktisch einwandfrei gelingt, unangreifbar und mit moralischen Bestnoten auf genau diese zugkräftige Schwemm-Welle der Lebenshilfe-Ratgeberei aufzuspringen. Motto: Scheiß aufs Glück – akzeptier Deine Unzufriedenheit. Aber nein, wer könnte in Bezug auf Klaus Eckel schon Übles meinen? Es war gewiss alles genau so, wie er es sagt. Ihm fehlt schlicht die breitgefächerte Auswahl an Romanen in seiner Buchhandlung. Und wurscht ist es in Wahrheit auch. Denn was auch immer zu „Alles bestens, aber...“ geführt haben mag – den Ursachen sei vorab einmal pauschal gedankt. Klaus Eckel präsentiert sich in seinem sechsten Solo (Regie: Charly Rabanser) als Sunnyboy mit schweren Schattenseiten. Ein hoffnungsloser Hypochonder, der ob seines Talents, sich über alles maßlos zu echauffieren, zumindest unter Bluthochdruck leiden sollte. Aber nicht einmal das. Er ist kerngesund. Und viel zu fit für seine alltäglichen Ärgernisse.

Beispielsweise der Beschallungsterror. Warum läuft beim Italiener Julio Iglesias? Dadurch sei die Calzone entstanden. Die Pizza habe es einfach nicht mehr ertragen und sich spontan eingerollt. Der Mensch indes ist wehrlos ausgeliefert: „Warum haben unsere Ohren keinen Schließmuskel?“ Da hat die Evolution noch einiges zu tun. Unmittelbar in die Tat umzusetzen wäre allerdings sein Vorschlag, den unsäglichen Kundenkarten-Datensammlern mit regelmäßigen Kundenkarten-Tauschbörsen ein Schnippchen zu schlagen. Außerdem hat es Eckel satt, von Ikea bis zur Obstabwaage beim Einkaufen immer alles selbst machen zu müssen. Und beim Selbstbedienungs-Tanken zuschauen zu müssen, wie der Tankwart derweil Semmeln aufbäckt.

Eckel will gar nicht alles selbst können. Er steht zu seinen Unfähigkeiten – „Gefährlich auf der Welt wird’s immer dann, wenn die Unfähigen fleißig werden“ – und zu seiner Faulheit. Die sei schließlich für die größten Entwicklungssprünge der Menschheit verantwortlich. Alle wichtigen Erfindungen seien dem Wunsch entsprungen, sich das Leben leichter zu machen. „Die Erfinder haben es geschafft, ihren inneren Schweinehund nicht zur Sau, sondern zum Leitwolf zu machen“, lobt er bewundernd. Von der Kirchenbeitragsstelle will er 30% Rabatt, weil er drei der zehn Gebote weder brauche noch nutze. Und wer, bitte, will „Erlebnis-Gastronomie“ oder „Erlebnis-Toiletten“? Klaus Eckel will Erlebnis-Langeweile: „Einfach darauf warten, dass nichts passiert.“ Hat er deswegen Angst vor Veränderung? Nein. Klaus Eckel nennt es Mut zur Beständigkeit. Wobei der Mut ja oft ein gefährliches Naheverhältnis zur Dummheit aufweist: „Meine erste Frau hieß Renate. Als ich meine zweite gefragt habe, ob ich sie auch so nennen dürfe, hat sie gemeint: Das kannst du die dritte fragen.“

Jähzorn, Faulheit, Pessimismus – das sind die drei tragenden Säulen von Klaus Eckels eigentümlicher Lebensfreude-Philosophie. Und darüber hat er für „Alles gut, aber...“ einmal mehr einen bewundernswert dicht gewobenen Teppich aus gescheiten Pointen und originellen Gags gespannt. Ein Programm, das für nahezu nahtloses Gelächter und fröhliches Gegluckse sorgt. Und dabei für Comedy dankenswerterweise um etliche Eckhäuser zu intelligent und hintergründig ist. Auch wenn es in der zweiten Hälfte ein paar unausgereiftere Passagen aufweist. Die nimmt man getrost in Kauf. Denn Eckel beherrscht die Gratwanderung, seine kurios-komischen Gedanken so nachvollziehbar und die flacheren Scherze so gewitzt zu formulieren, dass sie zu einem durchwegs höchst unterhaltsamen und zu keinem Zeitpunkt auch nur ansatzweise anspruchslos daherkommenden Programm verschmelzen. Mit dieser Kunst – und seiner sympathisch-natürlichen Ausstrahlung – hat er sich in den letzten Jahren einen Fixplatz in der Königsklasse des heimischen Kabaretts erspielt. Und das völlig zurecht.

Wobei er das selbst etwas anders sieht: Dass seine Vorstellungen inzwischen auf Wochen im Vorhinein ausverkauft sind, sieht er weniger als legitime Bestätigung für bisher Geleistetes, sondern als einen fast unverdienten Vorschuss, den es mit jeder Vorstellung und jedem Programm neu zu rechtfertigen gilt. Möge uns da demzufolge bitte noch Einiges blühen.