So unterhaltsam, so intelligent, so komisch
Pressestimme zum Programm 'Alles bestens, aber...'
Wer hätte gedacht, dass eine Liebeserklärung an die Unzufriedenheit so unterhaltsam, so intelligent, so hintergründig und so komisch sein kann. Aber genau so war es, und zwar bei der Wien-Premiere des 6. Solo-Programms „Alles bestens, aber..." von Klaus Eckel am 3. März 2010 im Kabarett Niedermair. Klein&Kunst-Redaktrice Margot Fink war dabei. Hier ihr Bericht.
Waren es im letzten Programm die Chefs, im vorletzten Alltagsgegenstände, ist dieses Mal die Unzufriedenheit das zentrale Thema des Programms. In seiner Buchhandlung seien die Romane durch die Flut an Glücksratgebern verdrängt worden, und dagegen wolle er ankämpfen, erklärt Klaus Eckel nach der Vorstellung. In dem Titel des Programms „Alles bestens, aber ..." (Regie: Charly Rabanser) sind die Teile nach dem Wort „aber" interessant oder wie Klaus Eckel es formuliert: „Wir halten uns drei Viertel der Zeit hinter dem „aber" auf und nur ein Viertel der Zeit davor bei „alles bestens."
Umgeben von Glücksratgebern und der Suche nach dem Glück, beweist Klaus Eckel also Mut zum Anachronismus und beschäftigt sich mit der Unzufriedenheit. Er erweist sich dabei wieder einmal als genauer und aufmerksamer Beobachter, der ein gutes Gespür für Zeitgeistiges und die Widrigkeiten des Alltagslebens zeigt. Er erinnert anfangs auf der Bühne ein wenig an Monk, dem Fernseh-Detektiv aus San Francisco mit seiner Viren- und Bakterienphobie. Klaus Eckel ist jedoch nicht nur auf der Flucht vor Viren, sondern auch noch hypochondrisch, misanthropisch und ein Raunzer aus Prinzip, der allerdings auch Lösungen anzubieten hätte.
Seine Beobachtungen und Überlegungen teilt er gerne mit, und zwar der Verkäuferin in der Bäckerei, dem Filialleiter von Merkur, der Wirtin, den Tankwart oder seinem Arzt. Über aufgedrängte Verkostungen im Supermarkt, den Kundenkartenzwang oder das unfreiwillige Treuepunkte-Sammeln kann er sich ärgern. Aufregen tut er sich auch über den Beschallungsterror, zu dem Julio Iglesias, dieser „Tinitus-Aktivierer" beim Italiener zu zählen ist. Spätestens an diesem Punkt stellt sich die Frage: Warum haben Ohren keinen Schließmuskel? Es ist eine verkehrte Welt, in der wir leben, stellt er fest: Der Tankwart bäckt Semmeln oder schneidet Leberkäse auf, während man als Kunde draußen an der Zapfsäule sein Auto betankt.
Nicht nur unzufrieden ist er, sondern auch noch voller Wut, faul, pessimistisch, unmotiviert und hat einen Biorhythmus, der ihn nur vom Bett zum Sofa treibt und die Renovierungsarbeiten in der Wohnung beim Glühbirnentausch im Vorzimmer enden lässt. Aber faul sein kann man positiv sehen, viele Erfindungen haben ihren Ursprung in der Faulheit. Er würde etwa eine Pizzamannklappe erfinden, für die Tage, in denen er nicht einmal dem Pizzamann die Tür öffnen mag. Er steht sozusagen zu seiner Faulheit und Unfähigkeit, denn „gefährlich wird es dann, wenn die Unfähigen fleißig werden". Erlebnis-Gastronomie und Erlebnis-Tourismus passen da ja auch so gar nicht zur Faulheit, deshalb plädiert Klaus Eckel für Erlebnis-Langeweile: „sitzen und schauen, was passiert."
Seine kuriosen, überdrehten Gedankengänge und Assoziationsketten gibt er im Plauderton wieder, beim Fußbad nehmen, beim Beine eincremen, beim Klavierspielen, er ärgert sich, sudert, raunzt, singt, nörgelt vor sich hin, und zeigt gleichzeitig auf, wie sehr man sich selbst bei der Glückssuche im Wege stehen kann: „Wir halten uns drei Viertel der Zeit hinter dem „aber" auf und nur ein Viertel der Zeit davor bei „alles bestens."
„Alles bestens, aber..." ist ein kurzweiliges, stimmiges Programm. Raffiniert angelegt ist die Zweiteilung des Programms in den Hypochonder und Nörgler im ersten Teil, den man ihm absolut abnimmt, und der Suche nach dem Glück mit Hilfe der „Satisfaction box" im zweiten Teil.
Als Publikum surft man auf Grund der anhaltenden Pointendichte auf der Schmähwelle dahin, da könnte der Inhalt leicht untergehen und von dieser Welle verschluckt werden. Es birgt die Gefahr in sich, dass alles an der Oberfläche bleibt. Das wäre möglich, passiert aber nicht. Klaus Eckel ist die Gratwanderung wieder einmal gelungen, durchgehend unterhaltsam, witzig und originell zu sein und gleichzeitig hinter oder unter die Oberfläche zu schauen und Erkenntnisse zu liefern, die so gar nicht witzig sind, sondern simpel und wahr: Es sei besser, die Unzufriedenheit zu begrüßen und zu akzeptieren, was da ist und nicht erzwingen, was nicht da ist. „Ein Hai lernt ja auch nicht Rückenschwimmen, damit man seine Flosse nicht mehr sieht." Ja, genau.